WARUM INFEKTIONEN MIT INFLUENZA EINEN LäNGEREN VERLAUF HABEN

Düsseldorf . Die Praxen sind randvoll. 6,1 Millionen leiden unter Atemwegserkrankungen, oft Wochen lang und begleitet von hohem Fieber, auch Kinder. Influenzafälle legen zu, RSV-Infekte bleiben auf hohem Niveau.

Die Infektionswellen haben ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. Junge und Alte liegen flach - und das manchmal wochenlang. „Obwohl die Berichte des Robert-Koch-Institutes bisher keine außerordentliche Erkrankungsschwere feststellen, besteht oftmals der Eindruck, dass in diesem Winter die Atemwegserkrankungen bei vielen Betroffenen stärker und hartnäckiger ausfallen“, sagt Matthias Blum, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. Und auch so reicht es schon. „Das Geschehen wird durch die steigende Zahl an Influenza-Erkrankungen und eine hohe RSV-Aktivität bestimmt. Sowohl die Grippewelle als auch die RSV-Welle halten weiter an“, heißt es im aktuellen Wochenbericht des Robert-Koch-Institutes (RKI). 6,1 Millionen Bürger leiden derzeit an Atemwegserkrankungen. „Die Hausarztpraxen sind einmal mehr randvoll. Wir beobachten aktuell unter anderem eine ausgeprägte Grippewelle“, sagte Nicola Buhlinger-Göpfarth, Vorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes.

Welche Altersgruppe ist von Influenza betroffen?

Zunächst waren, wie schon in Australien, vor allem Schulkinder bis 14 Jahren betroffen, nun zieht sich die Grippe durch. „Influenzaerkrankungen betreffen aktuell alle Altersgruppen und führen zu einer hohen Zahl an Arztbesuchen und Hospitalisierungen“, so das RKI. Bei älteren Menschen führten häufig Influenza- und deutlich seltener Covid19-Erkrankungen zu schweren Verläufen.

Wie lange dauert eine Influenza?

„Wie bei Grippe üblich kann es teilweise mehrere Wochen dauern, bis die Symptome vollständig abklingen. Der Verlauf kann, gerade bei einem fehlenden Impfschutz, auch heftig ausfallen“, sagt Buhlinger-Göpfarth. Das werde von vielen unterschätzt. Ein Problem sei, dass die Grippeimpfquoten „deutlich zu niedrig“ seien. Auch das RKI notiert: „Die Krankheitsdauer liegt in der Regel bei fünf bis sieben Tagen, insbesondere der Husten kann aber auch zwei bis drei Wochen anhalten.“ Die Krankheit könne bei Komplikationen auch deutlich länger verlaufen.

Wie lange dauert Influenza bei Kindern?

Auch Kinder können sich Wochen lang mit Symptomen plagen. „Gerade die Grippe macht häufig einen Verlauf mit siebentägigen Fieberschüben, häufig einer kurzen Besserung nach einigen Tagen und dann einer erneuten Verschlechterung“, erläutert Tanja Brunnert, Sprecherin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). „Die Kinder leiden sehr unter dem häufig begleitenden Infektzeichen wie zum Beispiel Husten.“ Die Verläufe derzeit seien typisch. „Eine Impfempfehlung auch für gesunde Kinder würde von uns daher auch begrüßt werden“, so Brunnert.

Warum sind so viele Kinder krank?

„Momentan befinden wir uns mitten in einer Welle von verschiedenen Luftwegsinfekten. Die RSV-Saison nähert sich ihrem Ende, spielt aber noch eine Rolle“, sagt Brunnert. Influenza spiele eine große Rolle. Doch auch Mykoplasmen (die Lungenentzündung auslösen können), Ringelröteln, immer mal wieder Streptokokken - „alles tummelt sich“. Das sei für die Jahreszeit weitgehend normal, aber: „Die Belastung in den Praxen ist trotzdem riesig, weil wir insgesamt viel zu viele Kinder und Jugendliche betreuen müssen.“

Gibt es genug Plätze in Kinderkliniken?

Nicht immer, und das macht Ärzten und Eltern Sorge. „Es bestehen große Schwierigkeiten, einen Platz für eine stationäre Betreuung in den Kliniken zu finden“, sagt Brunnert. Das bestätigen die Kliniken in NRW. „Die Krankenhäuser verzeichnen eine in dieser Jahreszeit erwartete außerordentliche Belastung, dies gilt insbesondere für die kinder- und jugendmedizinischen Abteilungen“, sagt Matthias Blum. Die Verantwortlichen würden daran arbeiten, die Kapazitäten effizient zu koordinieren. Gegen die Unterfinanzierung der Kinderkliniken gewähre der Bund zwar befristet 300 Millionen Euro. „Diese decken aber nur einen Teil des Defizits ab.“

Was sind Symptome einer Influenza?

Typisch für eine Influenza sind der plötzliche Erkrankungsbeginn, Fieber, Husten, Halsschmerzen sowie Muskel- und Kopfschmerzen, erläutert das RKI. Weitere Symptome können allgemeine Schwäche, Schweißausbrüche, selten auch Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sein. Allerdings können auch andere, meist virologische Erreger solche Symptome verursachen. Das Labor schafft Klarheit.

Wie lange ist man ansteckend?

Die Inkubationszeit bei Influenza beträgt ein bis zwei Tage. Ansteckend ist man vier bis sieben Tage. „Die Dauer der Infektiosität wird als Ausscheidung vermehrungsfähiger Viren gemessen, diese beträgt im Mittel etwa vier bis fünf Tage ab Auftreten der ersten Symptome“, so das RKI. Eine längere Dauer sei vor allem bei Kindern möglich. Bei Patienten, die wegen eines schweren Verlaufs ins Krankenhaus mussten, hätte sich eine Ausscheidungsdauer von sieben Tagen gezeigt.

Wie ist die Lage beim RSV?

Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) macht vielen kleinen Kindern zu schaffen. Es kann einfache Atemwegsinfekte bis hin zu Lungenentzündungen verursachen, bei denen die kleinen Patienten beatmet werden müssen. „Von einer Krankenhauseinweisung mit RSV-Infektion sind insbesondere Kleinkinder betroffen“, schreibt das RKI.

Hilft der Gesundheitsminister den Praxen?

Die Praxen arbeiten unter Hochdruck, weil Infektionswellen und Strukturprobleme zusammenkommen. „Termine werden immer knapper, die Wartezeiten nehmen kontinuierlich zu. Für die Versorgung des Einzelnen bleibt immer weniger Zeit“, sagt Buhlinger-Göpfarth und zeigt sich enttäuscht über Karl Lauterbach. „Der Bundesgesundheitsminister hat vor Wochen ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der Hausarztpraxen angekündigt, welches auch eine Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen und eine Stärkung der Verträge zur Hausarzt-zentrierten Versorgung beinhalten soll. Geschehen ist bisher nichts“, sagt die Hausärztin. „Einen Gesetzesentwurf ist Herr Lauterbach nach wie vor schuldig.“ Praxen und Patienten seien auf die Maßnahmen angewiesen. „Ansonsten geht das Wegbrechen der Versorgung Stück für Stück weiter.“ Lauterbach stehe bei Praxen und Patienten im Wort.

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