MIRKOBIOM STäRKEN - ÄRZTIN ERKLäRT: KAFFEE, SCHOKOLADE UND KAKAO MACHEN DEN DARM GESüNDER

Wie gut es unserem Mikrobiom im Darm geht, entscheidet auch unsere Ernährung. Aber eine solche Ernährung muss nicht langweilig oder entbehrungsreich sein, sagt Darmexpertin Michaela Axt-Gadermann.

Kann unser Darmmikrobiom Schuld an Gewichtsproblemen sein?

Unter dem Mikrobiom versteht man die Gesamtheit der Bakterien, Viren und Pilze im Darm, auf der Haut und den Schleimhäuten. Mit etwa 100 Billionen Vertretern stellen Bakterien die größte Gruppe dar. Die Bakterien in unserem Darm wirken sich maßgeblich auf unsere Gesamtgesundheit aus – im positiven wie auch im negativen Sinne. Bereits vor rund 20 Jahren, als man gerade erst begann, sich für die Mikroorganismen im Körper zu interessieren, stellte man fest, dass Übergewichtige andere Bakterien im Darm haben als Schlanke.

Bei Übergewichtigen findet man oft zu viele Bakterien der Gruppe „Firmicutes“ und zu wenige „Bacteroidetes“. Die Firmicutes sind wahre „Moppelbakterien“ und ziehen deutlich mehr Kalorien aus der Nahrung. Steigt deren Zahl um 20 Prozent an, dann extrahieren wir aus dem gleichen Essen etwa 10 Prozent mehr Kalorien [Quelle]. Im Laufe eines Jahres werden aus diesen täglich zusätzlich aufgenommenen 150 bis 200 kcal etwa sieben bis acht Kilo mehr Gewicht. Unser Mikrobiom macht uns also zu einem „guten Futterverwerter“.

Außerdem konnte man durch Mikrobiomanalysen feststellen, dass das Mikrobiom von Personen, die zu Übergewicht neigen, weniger vielfältig ist, d.h. der Artenreichtum, der eine gesunde Darmflora ausmacht, ist bei ihnen oft verloren gegangen.

Wie beeinflusst ein gesundes Darmmikrobiom den Gewichtsverlust?

Unser Mikrobiom reguliert zahlreiche Stoffwechselvorgänge im Körper. Es kann zum Beispiel durch Interaktionen mit dem Immunsystem Entzündungen lindern. Chronische, unterschwellige Entzündungen gelten als Risikofaktor für Übergewicht. Unser Verdauungstrakt produziert, zusammen mit den Darmbakterien, verschiedene Sättigungshormone.

Ist das Mikrobiom verändert, werden weniger Sättigungssignale an das Gehirn gesendet. Auch das kann zu Gewichtsproblemen führen. Und natürlich steht das Mikrobiom in enger Verbindung zu unserem Stoffwechsel und beeinflusst nicht nur, wie viele Kalorien wir aus der Nahrung ziehen, sondern auch den Blutzucker- und Blutfettspiegel.

Warum geht die Vielfalt des Mikrobioms verloren?

Das kann unterschiedliche Gründe haben. Längere Antibiotikatherapien töten nicht nur die Krankheitserreger, sondern auch die nützlichen Bakterien ab. Ähnliches passiert, wenn regelmäßig Abführmittel benutzt werden oder, zum Beispiel im Rahmen von Fastenkuren, mehrmals der Darm mit Glaubersalz oder Darmspülungen „gereinigt“ wird. Ein Darm ist kein schmutziges Abflussrohr, sondern ein Ökosystem. Studien belegen, dass durch solche Reinigungsmaßnahmen das Mikrobiom nachhaltig beschädigt wird [Quelle].

Der einzige Grund, der eine Darmreinigung rechtfertigt, ist die Vorbereitung auf eine Darmspiegelung. Natürlich spielt auch unsere Ernährung eine wichtige Rolle. Die unterschiedlichen Bakterienstämme in unserem Darm haben unterschiedliche Bedürfnisse. Jede einseitige Ernährung erhöht das Risiko für eine Störung des Mikrobioms. Wer sein Mikrobiom zu einem artenreichen Ökosystem machen möchte, sollte möglichst vielfältig und abwechslungsreich essen.

Können bestimmte Lebensmittel beim Abnehmen helfen, indem sie das Darmmikrobiom beeinflussen?

Wenn unsere Darmbakterien satt und zufrieden sind, dann sind wir es meistens auch und das macht sich dann auf der Waage bemerkbar. Das wichtigste Kriterium einer „Darm-Diät“ ist Abwechslungsreichtum, also eine Vielzahl von unterschiedlichen Nahrungsmitteln, die regelmäßig auf den Tisch kommen. Daneben sind Ballaststoffe, vor allem so genannte „Präbiotische Ballaststoffe“ oder „Präbiotika“, von großer Bedeutung. Sie fördern das Wachstum nützlicher Mikroorgansimen und die Präbiotika können von den Bakterien fermentiert, also verstoffwechselt werden.

Die daraus entstehenden Metaboliten haben zahlreiche gesundheitsförderliche Effekte wie stärkere Sättigung, bessere Stressresistenz, weniger Entzündungen oder niedrigere Blutzucker- und Insulinspiegel. Leinsamen, Flohsamen, resistente Stärke, Akazienfasern oder Pektin zählen zu den präbiotischen Ballaststoffen. Man findet sie u.a. in Hülsenfrüchten, Zwiebel- und Lauchgemüsen, Obstschalen, Getreiden und Samen.

Präbiotika kann man auch als Nahrungsergänzungsmittel zuführen. In Studien konnten zudem probiotische Bakterien identifiziert werden, die eine Gewichtsreduktion unterstützen können. Dazu zählen vor allem die Milchsäurebakterien Lactobazillus gasser, Lactobacillus plantarum und Lactobacillus rhamnosus sowie Bifidobakterien.

Wie sieht so eine darmfreundliche Ernährung aus und was ist mit Genussmitteln wie Kaffee oder Schokolade?

Eine sehr abwechslungsreichen Ernährung, die viele Ballaststoffe liefert, unterstützt unser Mikrobiom am besten. Doch eine solche Ernährung muss nicht langweilig oder entbehrungsreich sein. Kaffee ist sogar ganz hervorragend fürs Mikrobiom. Die im Kaffee enthaltenen Pflanzenstoffe fördern ein gesundes Mikrobiom. Niederländische Wissenschaftler der Universität Groningen stellten fest, dass Kaffee die Vielfalt der Darmbakterien erhöht und somit das Mikrobiom gesünder machen kann [Quelle]. Ähnlich sieht es aus mit Schokolade. Auch die ist erlaubt.

Unter anderem stellte eine Forschergruppe der Universität Padua fest, dass Kakaopolyphenole das Wachstum nützlicher Darmbakterien wie Lactobazillen und Bifidobakterien fördern und unerwünschte Keime verdrängen können [Quelle]. Je dunkler die Schokolade, desto besser. Ebenso wirken sich Mandeln günstig auf das Mikrobiom aus und fördern das wichtige Artenreichtum im Darm.

Daneben sind auch Omega-3- Fettsäuren aus Fisch oder Pflanzenölen, Pflanzensstoffe aus grünem Tee oder resistente Stärke aus abgekühlten Kartoffeln, Nudeln oder Reis gut für die Entwicklung nützlicher Mikroorganismen. Übrigens: Nach dem Abkühlen, kann man Kartoffeln und Co auch wieder erhitzen, dann hat sich die fürs Mikrobiom wichtige resistente Stärke schon gebildet.

Wie wirkt sich regelmäßiger Sport auf das Darmmikrobiom und die Gewichtsabnahme aus?

Bereits moderate Bewegung hat positive Auswirkungen auf die Gesundheit und wirkt sich günstig auf die Zusammensetzung des Darmmikrobioms aus. Im Rahmen einer Studie wurde das Mikrobiom von Personen, die eine sitzende Tätigkeit hatten, untersucht [Quelle]. Eine Gruppe sollte sich sechs Wochen lang täglich 30 bis 60 Minuten bewegen, die anderen blieben bei ihrem bewegungsarmen Lebensstil. Im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Sportprogramm nahm die bakterielle Vielfalt in der Bewegungsgruppe zu und das Mikrobiom produzierte verstärkt entzündungshemmende Stoffwechselprodukte (Butyrat).

Wichtig ist aber, Bewegung langfristig in die tägliche Routine zu integrieren, denn, auch das stellte die Studie fest, nach einer Rückkehr zum sitzenden Lebensstil ließen die günstigen Effekte auf das Darmmikrobiom mit der Zeit wieder nach.

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