Erschöpfung bei Eltern ist inzwischen zum Glück kein ignoriertes Problem mehr. Wir haben mit Experten gesprochen, was Burn-on bedeutet und wie man Hilfe findet.
Ein Burn-on-Syndrom zeigt sich in der Regel subtiler als ein Burn-out und wird auch als dessen Vorstufe gesehen. Dabei ist es nicht weniger gefährlich. Experten erklären, was es damit auf sich hat.
Auch wenn der komplette Zusammenbruch beim Burn-on ausbleibt, sind die Symptome gravierend und beeinträchtigen den Alltag der Betroffenen und oft auch der anderen Familienmitglieder schwerwiegend. Zu den gängigen Anzeichen zählen:
Dr. Steffen Häfner, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und ärztlicher Direktor der Klinik am schönen Moos in Bad Saulgau (Baden-Württemberg), sagt: "Personen, die unter Burn-on leiden, zeigen zwar noch die Fähigkeit, ihren alltäglichen Aufgaben nachzukommen. Gleichzeitig fühlen sie sich aber dauerhaft überfordert und ausgelaugt". Weiter stellt er fest: "Die Bewältigung des Alltags erfolgt praktisch mit letzter Kraft und in der Regel müssen als Erstes Freizeitaktivitäten dem Druck weichen."
Das führt natürlich wiederum zu einer Verringerung der Lebensfreude, wenn man ausgerechnet auf die Dinge verzichtet, die einem eigentlich Spaß machen. Doch für die hat man manchmal keine Energie mehr, wenn einen der Alltag überfordert. Interessanterweise behalten Burn-on-Betroffene oft – anders als bei einem Burn-out – eine positive Einstellung gegenüber bestimmten Bereichen, beispielsweise der Arbeit.
Da das Burn-on-Syndrom oft schleichend chronisch wird und nicht so akut wie ein Burn-out ist, fällt der Ausstieg aus diesem Teufelskreis häufig noch schwerer. Menschen mit Burn-on erfassen oft nicht die tatsächliche Ursache ihrer Probleme, sondern sehen ihre Symptome isoliert und gehen dann zum Beispiel zum Physiotherapeuten, obwohl vielleicht eher eine Psychotherapie hilfreich wäre.
Auch Familientherapeutin Elisabeth Raffauf aus Köln ordnet die Thematik ein: "Der Begriff 'Burn-out' ist eine Verkleidung des Begriffes 'Depression'", sagt sie, ist aber gesellschaftlich akzeptierter. "Burn-out klingt – im Gegensatz zu Depression – danach, dass ich vorher sehr viel geleistet habe. Burn-on klingt nach das Feuer 'anfachen'. Also: Wenn du so weitermachst, wird ein Burn-out die Folge sein." Dabei ist es hilfreich, sich zu fragen, was dahintersteht, so die Therapeutin. Woher der Druck komme, dass man nicht mehr ruhig sitzen könne. "Das sind meist mehrere Faktoren", erklärt sie, "viel Arbeit, viele Aufgaben zu bewältigen ist das eine, etwas anderes ist: Viel Druck von außen und auch der innere Druck, alles wirklich gut und am besten 'perfekt' zu machen." Wenn beispielsweise eine Mutter von vier Kindern auch noch einen Kuchen für den Kindergarten-Flohmarkt backen und sich als Elternvertreterin zur Verfügung stellen will, oder vielmehr: sich so fühlt, als müsste sie das. So etwas kann natürlich überfordern.
Burn-on kommt also vor Burn-out. "Wenn man das bemerkt, ist es gut zu schauen, wie man einen oder am besten mehrere Gänge runterschalten kann", rät Elisabeth Raffauf. "Eine Maßnahme könnte sein: sonntags handyfrei. Der neue Luxus ist medienfrei. Auch für Mütter."
Die Gründe für das Auftreten von Burn-on sind vielfältig und spiegeln die Belastungen unserer Leistungsgesellschaft wider. In der Regel spielen ständige Erreichbarkeit, hohe eigene Ansprüche, Herausforderungen der Kinderbetreuung oder finanzielle Nöte eine wichtige Rolle.
So erklärt es Dr. Steffen Häfner. Sicher können noch andere Gründe wie Mehrfachbelastung beispielsweise durch die Pflege kranker oder alter Angehöriger, Stress durch Hausbau etc. eine Rolle spielen.
Dr. Häfner gibt folgende Tipps, was man tun kann, um einem Burn-on-Syndrom entgegenzuwirken: