BURN-ON-SYNDROM BEI ELTERN – GEFäHRLICHER ALS BURN-OUT?

Erschöpfung bei Eltern ist inzwischen zum Glück kein ignoriertes Problem mehr. Wir haben mit Experten gesprochen, was Burn-on bedeutet und wie man Hilfe findet.

Ein Burn-on-Syndrom zeigt sich in der Regel subtiler als ein Burn-out und wird auch als dessen Vorstufe gesehen. Dabei ist es nicht weniger gefährlich. Experten erklären, was es damit auf sich hat.

Burn-on: gängige Symptome

Auch wenn der komplette Zusammenbruch beim Burn-on ausbleibt, sind die Symptome gravierend und beeinträchtigen den Alltag der Betroffenen und oft auch der anderen Familienmitglieder schwerwiegend. Zu den gängigen Anzeichen zählen:

  • dauerhafte Erschöpfung
  • Schlafprobleme
  • Bluthochdruck
  • Kopfschmerzen 
  • Verspannungen
  • dauerhafte Überforderung

Dr. Steffen Häfner, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und ärztlicher Direktor der Klinik am schönen Moos in Bad Saulgau (Baden-Württemberg), sagt: "Personen, die unter Burn-on leiden, zeigen zwar noch die Fähigkeit, ihren alltäglichen Aufgaben nachzukommen. Gleichzeitig fühlen sie sich aber dauerhaft überfordert und ausgelaugt". Weiter stellt er fest: "Die Bewältigung des Alltags erfolgt praktisch mit letzter Kraft und in der Regel müssen als Erstes Freizeitaktivitäten dem Druck weichen." 

Das führt natürlich wiederum zu einer Verringerung der Lebensfreude, wenn man ausgerechnet auf die Dinge verzichtet, die einem eigentlich Spaß machen. Doch für die hat man manchmal keine Energie mehr, wenn einen der Alltag überfordert. Interessanterweise behalten Burn-on-Betroffene oft – anders als bei einem Burn-out – eine positive Einstellung gegenüber bestimmten Bereichen, beispielsweise der Arbeit.

Ist Burn-on noch gefährlicher als Burn-out?

Da das Burn-on-Syndrom oft schleichend chronisch wird und nicht so akut wie ein Burn-out ist, fällt der Ausstieg aus diesem Teufelskreis häufig noch schwerer. Menschen mit Burn-on erfassen oft nicht die tatsächliche Ursache ihrer Probleme, sondern sehen ihre Symptome isoliert und gehen dann zum Beispiel zum Physiotherapeuten, obwohl vielleicht eher eine Psychotherapie hilfreich wäre. 

Burn-on versus Burn-out

Auch Familientherapeutin Elisabeth Raffauf aus Köln ordnet die Thematik ein: "Der Begriff 'Burn-out' ist eine Verkleidung des Begriffes 'Depression'", sagt sie, ist aber gesellschaftlich akzeptierter. "Burn-out klingt – im Gegensatz zu Depression – danach, dass ich vorher sehr viel geleistet habe. Burn-on klingt nach das Feuer 'anfachen'. Also: Wenn du so weitermachst, wird ein Burn-out die Folge sein." Dabei ist es hilfreich, sich zu fragen, was dahintersteht, so die Therapeutin. Woher der Druck komme, dass man nicht mehr ruhig sitzen könne. "Das sind meist mehrere Faktoren", erklärt sie, "viel Arbeit, viele Aufgaben zu bewältigen ist das eine, etwas anderes ist: Viel Druck von außen und auch der innere Druck, alles wirklich gut und am besten 'perfekt' zu machen." Wenn beispielsweise eine Mutter von vier Kindern auch noch einen Kuchen für den Kindergarten-Flohmarkt backen und sich als Elternvertreterin zur Verfügung stellen will, oder vielmehr: sich so fühlt, als müsste sie das. So etwas kann natürlich überfordern.

Burn-on kommt also vor Burn-out. "Wenn man das bemerkt, ist es gut zu schauen, wie man einen oder am besten mehrere Gänge runterschalten kann", rät Elisabeth Raffauf. "Eine Maßnahme könnte sein: sonntags handyfrei. Der neue Luxus ist medienfrei. Auch für Mütter."

Wie es zum Burn-on kommt

Die Gründe für das Auftreten von Burn-on sind vielfältig und spiegeln die Belastungen unserer Leistungsgesellschaft wider. In der Regel spielen ständige Erreichbarkeit, hohe eigene Ansprüche, Herausforderungen der Kinderbetreuung oder finanzielle Nöte eine wichtige Rolle.

So erklärt es Dr. Steffen Häfner. Sicher können noch andere Gründe wie Mehrfachbelastung beispielsweise durch die Pflege kranker oder alter Angehöriger, Stress durch Hausbau etc. eine Rolle spielen.

Das könnt ihr gegen Burn-on tun

Dr. Häfner gibt folgende Tipps, was man tun kann, um einem Burn-on-Syndrom entgegenzuwirken:

  1. Stress erkennen. Sich darüber klar werden, dass die Belastung dauerhaft zu hoch ist. "Sobald immer mehr freudebringende Aktivitäten aus dem Alltag verschwinden, gilt es zu handeln," sagt Dr. Häfner
  2. Leben entschleunigen. Man muss nicht gleich sein ganzes Leben umkrempeln, aber es ist wichtig, regelmäßige Ruheinseln einzubauen. Dr. Häfner dazu: "In vielen Fällen helfen bereits kurze Rituale der Achtsamkeit, Social-Media-Pausen und feste Zeiten für Hobbys."
  3. Resilienz stärken. Emotionale und mentale Widerstandsfähigkeit ausbauen. Gut zu wissen: Optimismus, mehr Akzeptanz und weniger Perfektionismus lassen sich trainieren.
  4. Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Fühlt ihr euch dauerhaft überfordert, zögert bitte nicht, euch bei der Stressbewältigung unterstützen zu lassen. Anlaufstellen können Hausärzte und Psychotherapeuten sein.

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